PERSPEKTIVEN am Morgen

von Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden

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 Dr. Ulrich Stephan

20. Dezember 2024

Liebe Leserinnen und Leser,

am brasilianischen Aktienmarkt kommt es zu Turbulenzen, ab morgen droht in den USA ein Shutdown, und die Nachfrage nach Öl verhilft dem Rohstoff nicht zu Kursgewinnen.

Brasilien: Turbulenzen am Aktienmarkt

An den brasilianischen Märkten kam es am Mittwoch zu erheblichen Turbulenzen. Der Grund: zunehmende Sorgen über ein stark wachsendes Haushaltsdefizit, das in den kommenden Jahren auf acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen könnte. Zwar versuchte die Regierung zuletzt, Ausgabenkürzungen durchzusetzen, der entsprechende Entwurf wurde aber im Unterhaus zum Teil verwässert. Infolgedessen brach die Währung stark ein: Der Brasilianische Real fiel gegenüber dem US-Dollar um knapp drei Prozent auf ein Rekordtief; seit Jahresbeginn gab er um rund 22 Prozent nach. Der Bovespa-Index fiel um 3,15 Prozent – das war die schlechteste Tagesperformance seit November 2022. Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen in Lokalwährung stiegen rund 0,45 Prozentpunkte auf den höchsten Stand seit 2016, während die Renditen der auf US-Dollar lautenden Pendants mehr als 0,3 Prozentpunkte zulegten.

Mittels Interventionen an den Währungsmarkt versuchte die Notenbank Brasiliens gestern, den Wertverfall des Reals zu stoppen – was ihr aber nicht nachhaltig gelang. Kurzfristig könnte die Verkaufswelle an den brasilianischen Märkten noch anhalten, somit könnte sich Erholungspotenzial erst mittelfristig ergeben.

Shutdown-Sorgen in den USA

Ab morgen droht in den USA ein Shutdown, also die Schließung zahlreicher Bundesbehörden. Der jüngste Gesetzesentwurf wurde zuletzt vom designierten US-Präsidenten Donald Trump scharf kritisiert. Er fordert unter anderem, die Anhebung der Schuldenobergrenze bereits unter der Biden-Administration gesetzlich zu verankern und nicht erst Mitte März, wenn sich der neue US-Kongress versammelt. Die US-Bruttoverschuldung beträgt derzeit rund 36 Billionen US-Dollar, die seit 2023 ausgesetzte Schuldenobergrenze liegt bei 31,4 Billionen US-Dollar – eine Anhebung dieser Grenze wäre eine unpopuläre Maßnahme. Ein kurzfristiger Shutdown schwächt das Wirtschaftswachstum laut Analysten um etwa 0,15 Prozentpunkte pro Woche, was aber nach Shutdown-Ende im Folgequartal vollständig kompensiert werden dürfte. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass zähe politische Verhandlungen und die damit verbundene politische Unsicherheit auch zu kurzfristigen Marktschwankungen führen können. Mittelfristig treiben jedoch die Umsatz- und Gewinnentwicklungen der Unternehmen die Aktienmärkte. Die im Januar startende Berichtssaison könnte daher neue Impulse liefern.

US-Amtswechsel: Bank of Japan zögert

Auf ihrer gestrigen Sitzung beließ die Bank of Japan den Leitzins unverändert bei 0,25 Prozentpunkten. Einige Marktakteure hatten eine Zinserhöhung für möglich gehalten, da sich die Konjunkturdaten im Vergleich zum Juli – als die Notenbank zuletzt die Leitzinsen erhöht hatte – spürbar verbessert haben. Gouverneur Kazuo Ueda wies jedoch darauf hin, dass die Währungshüter zunächst auf Signale warten wollten, wie stark die Löhne und Gehälter infolge der Tarifverhandlungen im Frühjahr angehoben werden. Daten hierzu dürften aber frühestens im März verfügbar sein. Zudem betonte er explizit die Unsicherheiten, die sich aus dem Regierungswechsel in den USA ergäben. Da die nächste Sitzung der Bank of Japan am 24. Januar und somit vier Tage nach der Amtsübergabe im Weißen Haus stattfinden wird, ist es unwahrscheinlich, dass sich diese „Unsicherheiten“ bis dahin aufgelöst haben werden. Die Zinsterminmärkte zweifeln nach den Worten Uedas nun an einem bis dato erwarteten Zinsschritt im Januar. Der Yen wertete noch während der Pressekonferenz Uedas spürbar ab. Seit Mittwochmorgen verlor er mehr als 2,5 Prozent zum US-Dollar und sank auf das niedrigste Niveau seit Mitte Juli.

Gegenwind für den Ölpreis

Öl ist stärker gefragt als im vergangenen Jahr – dennoch steigen die Preise nicht spürbar. In der ersten Dezemberhälfte betrug die durchschnittliche globale Nachfrage 103,2 Millionen Barrel pro Tag und somit 1,8 Millionen Barrel mehr als im Vorjahr. Für den Weihnachtsreiseverkehr in den USA erwartet die American Automobile Association, dass sich 119,3 Millionen US-Amerikaner mit dem Auto mehr als 50 Meilen von ihrem Zuhause fortbewegen werden – dies wäre ein Rekord. Im Kontrast zur anhaltend robusten Nachfrage in den USA scheint die Nachfrage in China schwach zu bleiben. In den Monaten von März bis Oktober lag die Nachfrage unter den jeweiligen Vorjahresniveaus. Die Zweifel an einem nachhaltigen Konjunkturschub in China, eine erwartete Ausweitung der Ölförderung in den USA und der kräftige Anstieg des US-Dollars nach der Sitzung der US-Notenbank am Mittwoch – der Öl außerhalb des US-Währungsraums verteuert – könnten auch zum Jahresbeginn 2025 für Gegenwind bei den Ölnotierungen sorgen.

Rückblick auf das Anlagejahr 2024

Der US-Leitindex S&P 500 schaffte etwas, das es seit Ende der 1990er-Jahre nicht mehr gegeben hat: Er stieg zwei Jahre in Folge um mehr als 20 Prozent. Die Technologiebörse NASDAQ lief noch besser und auch der Deutsche Aktienindex musste sich nicht verstecken – trotz Wirtschaftsflaute hierzulande. Gemeinsam mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer ziehe ich ein Fazit zum Anlagejahr 2024.

Neuwahlen in Deutschland, der Regierungswechsel in den USA, die anhaltenden Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten: Wie sich Anleger im kommenden Jahr aufstellen sollten, habe ich in meinem Jahresausblick für Sie zusammengefasst.

Zahl des Tages: 750

Weihnachten ist nicht nur das Fest der Liebe, sondern auch der kreativen Höchstleistungen. Die sind manchmal ein bisschen skurril – wie im Fall von Joel Strasser aus Meridian im US-Bundesstaat Idaho, der sich im letzten Jahr 187 Zuckerstangen in den Vollbart steckte. Manchmal sind die Höchstleistungen auch unübersehbar – wie der größte Weihnachtsbaum der Welt, den das italienische Städtchen Gubbio jährlich an den Hängen des Berges Monte Ingino entzündet. Wie es heißt, ist die Lichtinstallation von über 750 Metern Höhe noch aus 50 Kilometern Entfernung zu sehen. Mit echten Bäumen hat das Spektakel nicht viel zu tun – im Gegensatz zum Dortmunder Weihnachtsbaum. Der besteht aus hunderten Fichten, erreicht eine Weltrekordhöhe von 45 Metern und ist noch bis zum 30. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt in Dortmund zu besichtigen. 

Dies war die letzte Ausgabe von „PERSPEKTIVEN am Morgen“ in diesem Jahr. Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und melde mich ab dem 6. Januar 2025 wieder mit täglichen Einschätzungen zum Kapitalmarkt. Ihnen und Ihrer Familie wünsche ich eine frohe Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr! 

Bleiben Sie optimistisch. 

Herzlichst

Ihr Ulrich Stephan

Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden

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