PERSPEKTIVEN am Morgen

von Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden

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 Dr. Ulrich Stephan

13. März 2025

Liebe Leserinnen und Leser,

Zölle könnten den Kurs der Europäischen Zentralbank beeinflussen, der S&P 500 verliert seit seinem Februar-Hoch fast zehn Prozent, und Japans größter Pensionsfonds bleibt auf Kurs.

Zölle könnten EZB-Kurs beeinflussen

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) Christine Lagarde hat gestern in einer Rede unter anderem die Bedeutung der Verankerung der Inflationserwartungen angesichts der gestiegenen Inflationsvolatilität hervorgehoben. Die EZB entscheidet „von Sitzung zu Sitzung“ auf der Grundlage aktueller Informationen und Erwartungen, unter anderem zu Inflation, Fiskalprogrammen, Wachstum und Zöllen innerhalb und außerhalb des Währungsraums. Mögliche Vergeltungszölle der Europäischen Union auf US-Waren könnten kurzfristig die Preise treiben, während die umfangreichen europäischen Investitionspläne in Verteidigung und Infrastruktur mittelfristig Wachstum und Inflation im Euroraum ankurbeln dürften. In einem solchen Szenario würde es mich nicht überraschen, wenn sich die EZB mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik zurückhalten würde. Derzeit preisen die Märkte für die übernächste EZB-Sitzung Anfang Juni eine weitere Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte und bis zum Jahresende knapp zwei Zinsschritte ein. Dies könnte sich im Fall höherer Zölle und umfangreicher schuldenfinanzierter Investitionsprogramme als zu forsch erweisen. Die Renditen europäischer Staatsanleihen könnten weiter steigen und der Euro aufwerten.

S&P 500: Rücksetzer als Chance?

Der S&P 500 hat von seinem Februar-Hoch fast zehn Prozent verloren. In der Vergangenheit haben sich derartige Kursrücksetzer als Kaufgelegenheiten erwiesen. Seit 1980 hat der S&P 500 in den zwölf Monaten nach zehnprozentigen Korrekturen im Schnitt rund elf Prozent zugelegt – vorausgesetzt, die US-Wirtschaft erfuhr in diesem Zeitraum keine Rezession. Kam es jedoch zum Konjunktureinbruch, verzeichnete der Index nur einen durchschnittlichen Wertzuwachs von knapp einem Prozent. Entscheidend ist daher, ob den USA in absehbarer Zeit eine Rezession droht – ich glaube nicht! Zwar dürften die aggressive und unberechenbare Handelspolitik und Massenentlassungen im öffentlichen Dienst Verbraucher und Unternehmen verunsichern und zu einem Rückgang von Konsum und Investitionen führen, doch sollte dies die Dynamik der US-Wirtschaft nicht gänzlich abbremsen. Gerade weil die Staatsausgaben trotz aller kommunizierten Sparbemühungen hoch bleiben dürften. In Washington wird derzeit daran gearbeitet, den Schuldenaufnahmerahmen bis 2034 um 2,8 Billionen Dollar auszuweiten, um Steuersenkungen zu finanzieren. Entsprechend könnte sich Mut bei der Anlage erneut bezahlt machen.

US-Preisdaten sorgen für Unsicherheit

Der Inflationsdruck in den USA hat im Februar stärker abgenommen als erwartet. Die Verbraucherpreise lagen um 2,8 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, nachdem sie im Januar noch auf 3,0 Prozent und somit ein Sechs-Monats-Hoch zugelegt hatten. Auch die um Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte Kerninflationsrate setzte mit einem Rückgang von 3,3 auf 3,1 Prozent stärker zurück als im Marktkonsens erwartet. Allerdings war der Rückgang zu einem großen Teil niedrigeren Preisen für Flugtickets geschuldet, die sich zum Vormonat um rund vier Prozent verbilligten. Einige Güter wie Gebrauchtwagen verteuerten sich hingegen überdurchschnittlich. Die Daten sorgten für etwas Erleichterung an den Finanzmärkten, lösten jedoch keine starken Kursreaktionen aus. Es bleibt nämlich abzuwarten, wie sich die für Anfang April angekündigten reziproken Importzölle der USA in den kommenden Monaten auf die US-Inflation auswirken werden, weshalb den Februar-Daten keine große Relevanz beigemessen wurde.

Japans größter Pensionsfonds bleibt auf Kurs

Medienberichten zufolge wird der japanische Pensionsfonds Ende März verkünden, dass die bisherige Allokation entgegen den Spekulationen einiger Marktteilnehmer beibehalten wird. Der umgerechnet gut 1,9 Billionen Euro umfassende Fonds investiert seit 2020 jeweils ein Viertel seiner Mittel in japanische und ausländische Aktien und Anleihen. Aufgrund des deutlichen Anstiegs der Rendite japanischer Staatsanleihen hatte es am Markt Diskussionen darüber gegeben, der Fonds könnte seine Position in japanischen Bonds zulasten heimischer und internationaler Aktien ausbauen.

Dass es dazu wohl nicht kommt, könnte den japanischen Aktienmarkt unterstützen, da das eingepreiste Risiko einer Verkleinerung der japanischen Aktienposition ausgepreist werden kann. Deutliche Marktreaktionen auf die offizielle Ankündigung des Fonds Ende des Monats erwarte ich jedoch nicht.

Europäische Aktien überraschen

Europäische Aktien liefen zuletzt besser als US-amerikanische – obwohl die Berichtssaison in den USA besser ausfiel als in Europa. Die Gründe dafür und welche Rolle die neue US-Regierung dabei spielt, analysiere ich im Gespräch mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer.

Neuwahlen in Deutschland, der Regierungswechsel in den USA, die anhaltenden Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten: Wie sich Anleger im kommenden Jahr aufstellen sollten, habe ich in meinem Jahresausblick für Sie zusammengefasst.

Zahl des Tages: 8.023

Weit unten im Ozean, in ewiger Finsternis, beginnt die tiefste Meeresregion, das Hadal – ein extremer Lebensraum, der vielfältiger besiedelt sein könnte als bisher gedacht. Das zeigen Untersuchungen eines Teams um Michael Strasser vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck. Die Forscher werteten Sedimentproben aus dem Japangraben östlich der Insel Honshu aus und fanden Wühlgänge von Mikroben und wirbellosen Tieren. Die Proben wurden in 8.023 Metern Wassertiefe entnommen und sind damit die bislang tiefsten unterseeischen Bohrkerne. Dass dort überhaupt Leben existiert, könnte auch auf Unterwasserbeben zurückzuführen sein, vermuten die Wissenschaftler: Jedes Mal, wenn lockeres Sediment hinabstürzt, transportiert es die nötigen Nährstoffe in die Tiefe.

Bleiben Sie heute unerschütterlich.

Herzlichst

Ihr Ulrich Stephan

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