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23. April 2025
ausländische Anleger könnten US-Anlagen verkaufen, Gold erreicht ein Rekordhoch, und mehr europäische Unternehmen verfehlen die Gewinnprognosen der Analysten.
Ausländische Anleger haben ihre Investitionen in US-Aktien und -Anleihen zwischen 2010 und Ende 2024 erheblich ausgeweitet: Der Anteil von US-Investments in den Portfolios europäischer Anleger stieg von fünf auf 20 Prozent, während er sich in Japan von sieben auf 14 Prozent verdoppelte. Die Gelder flossen hauptsächlich in die US-Aktienmärkte, oft ohne Absicherung gegen Währungsschwankungen. Analysten schätzen, dass ausländische Anleger derzeit etwa 26 Billionen US-Dollar an den US-Märkten investiert haben. Sollten diese Positionen aufgrund der jüngsten Abwertung des US-Dollars entweder gegen zukünftige Währungsschwankungen abgesichert oder direkt verkauft werden, könnte dies mittelfristig den Druck auf den US-Dollar erhöhen. Absicherungsgeschäfte für nur ein Prozent der Portfolios würden bereits Verkäufe in Höhe von 260 Milliarden US-Dollar bedeuten – das würde die Zuflüsse in die US-Aktien- und -Anleihemärkte der vergangenen beiden Jahre nivellieren.
Gold verteuerte sich in den vergangenen zwei Wochen so stark wie seit 2008, dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise, nicht mehr. Allein in den vergangenen fünf Handelstagen stieg der Preis um rund neun Prozent auf ein Rekordhoch von 3.500 US-Dollar je Feinunze. Der Auslöser: Äußerungen des US-Präsidenten Donald Trump hatten Sorgen geweckt, dass die Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed infrage gestellt werden könnte – das trieb Anleger in „sichere Häfen“. Zudem bleibt die Nachfrage aus China robust. In der vergangenen Woche kauften chinesische Anleger mit physischem Gold hinterlegte Zertifikate im Wert von rund 1,7 Milliarden US-Dollar – womit sie das Rekordhoch der Vorwoche verdoppelten. Ein starker Anstieg der Prämie für in Shanghai verfügbare Goldmünzen und -barren deutet ebenfalls auf rege Nachfrage in China hin. Während diese Anleger ihre Goldpositionen eher langfristig halten dürften, nahmen die Kaufpositionen an den US-Terminbörsen seit Anfang Februar nahezu kontinuierlich ab. Gewinnmitnahmen auf diese meist kurzfristigen Positionen sind häufig verantwortlich für starke Korrekturen einer Rally. Dass diese bereits reduziert wurden, könnte darauf hindeuten, dass zukünftige Preisrücksetzer moderat ausfallen könnten.
In Europa haben die ersten Unternehmen Zahlen zum abgelaufenen Quartal veröffentlicht – überwiegend berichteten sie jedoch Umsätze statt Gewinne. Bisher haben zwar 33 Prozent der Unternehmen die Erwartungen übertroffen, verglichen mit der Berichtssaison zum vierten Quartal ist dies jedoch eine Verschlechterung. Damals schlug noch fast jeder zweite Konzern die Prognosen. Vorausschauend werden die Analysten zunehmend pessimistischer und senken ihre Gewinnschätzungen. In den vergangenen vier Wochen haben sie ihre Prognosen für die Gewinne der STOXX-600-Firmen 2025 und 2026 im Schnitt um 1,4 und 1,3 Prozent gesenkt. Sollte sich die Weltwirtschaft weiter abkühlen, dürften weitere Anpassungen folgen.
Die bisherigen Revisionen spiegeln nach meiner Ansicht gerade einmal die Aufwertung des Euro wider. Eine zehnprozentige Aufwertung des Euro schmälert auf Jahressicht das Gewinnwachstum europäischer Unternehmen um drei bis fünf Prozentpunkte.
Britische Banken mit signifikantem Geschäft im Heimatmarkt haben sich zuletzt besser entwickelt als der europäische Gesamtsektor. Im Schnitt haben sie den Sektor seit den Zollankündigungen durch US-Präsident Donald Trump am 2. April um vier Prozentpunkte outperformt. Dies liegt unter anderem daran, dass US-Importe aus Großbritannien zunächst mit niedrigeren Zöllen belegt wurden als Einfuhren aus der Europäischen Union. Zudem scheint ein Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien derzeit wahrscheinlicher. Gleichzeitig dürfte die Bank of England im Vergleich zur Europäischen Zentralbank (EZB) ihren Zinssenkungszyklus auf einem höheren Niveau beenden, was sich positiv auf die Nettozinseinkommen der britischen Institute auswirken sollte. Der Leitzins der Bank of England liegt derzeit bei 4,5 Prozent, der Einlagezinssatz der EZB bei 2,25 Prozent. Entsprechend könnten sich Aktien britischer Banken auf absehbare Zeit etwas besser schlagen als der Gesamtsektor. Mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen für die erwarteten Gewinne 2025 zwischen 6,6 und 9,2 sind sie ähnlich hoch bewertet wie der gesamteuropäische Sektordurchschnitt von acht.
US-Staatsanleihen, eigentlich bekannt als „sicherer Hafen“, stehen unter Druck. Grund ist die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump, die das Vertrauen der Anleger belastet und die Kurse erheblich schwanken lässt. Diese Veränderungen stellen Anleger vor neue Herausforderungen. Welche Rolle US-Anleihen und -Dollar für Anleger vorausschauend spielen können, analysiere ich im Gespräch mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer.
Sind die Deutschen Lesemuffel? Die aktuelle Umfrage eines Schweizer Onlinehändlers zeichnet ein durchwachsenes Bild. Jeder sechste Teilnehmer aus Deutschland gab dort an, gar keine Bücher zu lesen; rund ein Drittel kommt auf magere ein bis drei Titel im Jahr. Am anderen Ende der Skala lesen immerhin 12,9 Prozent der Deutschen mehr als 15 Bücher jährlich. In der Schweiz fühlen sich Leseratten heimischer: Nur jeder zehnte Eidgenosse bezeichnet sich als Nichtleser, über 15 Prozent (vor allem Frauen) rutschen in die Kategorie der Vielleser. Eine gute Gelegenheit, die Statistik etwas freundlicher zu gestalten, wäre zum Beispiel heute – am 23. April, dem „Welttag des Buches“.
Ich wünsche Ihnen einen wissbegierigen Tag.
Herzlichst
Ihr Ulrich Stephan
Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden
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