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20. November 2024
die Zeiten extrem niedriger Zinsen könnten hinter uns liegen, indische Aktien geben von ihrem Rekordhoch rund neun Prozent nach, und die Schweizer Wirtschaft wächst langsamer.
Volkswirte beschäftigen sich mit dem theoretischen Konstrukt des neutralen Realzinses. Dieser Zins entspricht dem Gleichgewichtszins von Kapitalangebot und Investitionsnachfrage. In den 1990er Jahren dürfte dieser Zinssatz bei gut drei Prozent gelegen haben und ist seither bis auf 0,5 Prozent in den 2010er Jahren gefallen. Verantwortlich sind strukturelle Faktoren, wie das Vorsorgesparen der sogenannten Baby-Boomer, der Kampf gegen die Inflation sowie das sinkende Potenzialwachstum, also die Wachstumsrate, die eine Volkswirtschaft langfristig ohne anziehende Inflation erreichen kann. Nun aber steigt die Produktivität unter anderem durch Künstliche Intelligenz, wodurch das Potenzialwachstum steigen sollte. Die Investitionsnachfrage dürfte wegen expansiver Fiskalpolitik und „Grüner Transformation“ höher ausfallen. Und schließlich gehen die Boomer in den kommenden zehn Jahren in Rente, was das Kapitalangebot verringern dürfte. Da sich das Gleichgewicht zugunsten der Investitionen verschiebt, sollte die Inflation höher ausfallen, auch aufgrund der steigenden Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer. Der gleichgewichtige Zins könnte sich dementsprechend eher bei drei bis vier Prozent einpendeln. Die Zeiten extrem niedriger Zinsen könnten jedenfalls hinter uns liegen.
Indische Aktien haben seit ihrem Rekordhoch Ende September rund neun Prozent verloren.
Vor dem Hintergrund steigender US-Renditen, eines starken US-Dollars und der Sorge vor künftigen Handelshemmnissen zogen internationale Anleger allein im Oktober umgerechnet rund elf Milliarden US-Dollar aus dem indischen Aktienmarkt ab. Zudem zeichnet sich auch in Indien – ausgehend von einem hohen Niveau – eine konjunkturelle Abkühlung ab. Der aktuelle Staatshaushalt sieht einen Anstieg der Infrastrukturinvestitionen im einstelligen Prozentbereich vor – deutlich weniger als die 30-prozentigen Zuwachsraten der vergangenen Jahre. Das Kreditwachstum sank im dritten Quartal von knapp 20 auf 14 Prozent. Von einem Konjunktureinbruch kann jedoch keine Rede sein. Vielmehr dürfte es sich um eine Anpassung an den langfristigen Wachstumstrend handeln. Der Internationale Währungsfonds rechnet für die kommenden Jahre mit einem realen Wachstum der indischen Wirtschaft von 6,5 Prozent. Diese Dynamik kann auch die hohe Bewertung indischer Aktien rechtfertigen. Mittelfristig orientierte Anleger könnten die jüngsten Korrekturen nutzen, um ihr Indien-Engagement sukzessive zu rekalibrieren.
Die schweizerische Wirtschaft war im zweiten Quartal noch um 0,5 Prozent zum Vorquartal gewachsen – im dritten Quartal verlangsamte sich das Wachstum auf nur noch 0,2 Prozent. Auch in der Schweiz bremste ein Rückgang der Wirtschaftsleistung der Verarbeitenden Industrie das Bruttoinlandsprodukt, wohingegen die Konsumenten in Kauflaune waren – die Einzelhandelsumsätze stiegen zum Vorquartal um 1,4 Prozent. Steigende Löhne, kombiniert mit einer niedrigen Inflationsrate in Höhe von 0,6 Prozent, dürften die Kauflaune weiterhin befeuern. Zumal die nachlassende wirtschaftliche Dynamik und die niedrigen Preissteigerungen weitere Leitzinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank erwarten lassen. Eine Zinssenkung um mindestens 0,25 Prozentpunkte bei der kommenden Sitzung am 12. Dezember erscheint sicher, lediglich die Höhe des Zinsschritts ist noch offen. An den Zinsterminmärkten wird eine graduelle Senkung des Leitzinses von aktuell 1,00 auf 0,25 Prozent bis zum September 2025 eingepreist. Während damit die Renditen schweizerischer Anleihen weiterhin unattraktiv blieben, ist der Schweizer Franken dennoch gefragt. Er notierte gestern mit rund 0,9305 Franken je Euro auf einem Drei-Monats-Hoch und erhält weiterhin Rückenwind aufgrund seines Status als „sicherer Währungshafen“.
Notierte Silber am 23. Oktober noch auf einem Zwölf-Jahres-Hoch bei 34,90 US-Dollar je Feinunze, gaben die Notierungen seitdem mehr als elf Prozent ab – zwischenzeitlich war Silber sogar unter 30 US-Dollar je Feinunze gefallen. Verantwortlich waren – ähnlich wie bei Gold – steigende Renditen und eine kräftige Aufwertung des US-Dollars nach den US-Wahlen. Zuvor hatte im Oktober unter anderem eine starke Nachfrage nach physischem Silber aus Indien die Notierungen gestützt. Vor dem Diwali-Fest berichteten Händler über eine rund 25 Prozent über dem Vorjahresmonat liegende Nachfrage. Im Gesamtjahr 2024 dürfte die industrielle Nachfrage nach Silber ein Rekordhoch erreichen. Auch stiegen die Positionen in börsengehandelten, mit physischem Silber hinterlegten Zertifikaten seit Jahresbeginn um acht Prozent, während die Minenproduktion lediglich um ein Prozent zulegen dürfte. Dieser Rückenwind sollte auch Anfang 2025 anhalten, weshalb Silber erneut Aufwärtspotenzial haben könnte – wobei der Silberpreis weiterhin eine starke Korrelation zum Goldpreis aufweisen dürfte.
Nach dem Wahlsieg Donald Trumps stiegen die Renditen von US-Staatsanleihen – und es besteht weiteres Aufwärtspotenzial. Die Finanzmärkte erwarten zum einen eine stärkere Staatsverschuldung der USA und zum anderen eine höhere Inflation aufgrund von Zöllen. Die Leitzinsen dürften in den USA auf mittlere Sicht höher bleiben als zuletzt an den Märkten erwartet. Was das für Anleger bedeutet, erfahren Sie von mir im Gespräch mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer.
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Schon in den Jahren 3350 bis 3000 vor Christus prägten Menschen in Mesopotamien standardisierte Symbole in feuchten Ton: die vermutlich älteste Schrift der Welt. Doch wie ist diese Schrift entstanden? Ein Team um Kathryn Kelley von der Universität Bologna verglich systematisch ältere Bilder von mesopotamischen Tonsiegeln mit den Keilschriftsymbolen. Tatsächlich fanden die Archäologen, dass mehrere der rund 6.000 Jahre alten Siegelbilder den jüngeren Schriftzeichen ähnelten. Zum Beispiel wurde aus dem Siegelbild eines Tuchs mit Fransen das Keilschriftsymbol für „Leinen“, aus dem Bild eines Gefäßes entstand das Symbol für „Ölgefäß“. Kelley und Kollegen konnten so erstmals den Übergang vom Symbol zur Schrift im alten Mesopotamien zeigen – und damit einen wichtigen Entwicklungsschritt der menschlichen Kultur.
Ich wünsche Ihnen einen kommunikativen Tag.
Herzlichst
Ihr Ulrich Stephan
Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden
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